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29 Sept 2013

Katla and Somnium interview from Legecy.de

Year: 2001
Author: Marcel Tilger

The Madness And Rage Of The Finnish Trolls

In Finnland gastiert der Irrsinn! Dieser Auffassung bin ich nicht erst seit “Jaktens Tid“, sondern bereits seit FINNTROLLs Debut “Midnattens Widunder“ und ...And Oceans “Am God“. Bei FINNTROLL äußert sich dieser in Form absolut abgedrehter Humppa-Elemente (eine Variation des Polkas), welche auf bizarre Weise in die schwarzmetallisch angehauchten Metal-Kaskaden integriert werden. “Jaktens Tid“ stellt verglichen mit “Midnattens Widunder“ zwar keine gänzliche Neudefinition des eigenen Stils dar, wirkt auf mich jedoch wesentlich durchdachter und tiefgründiger als das Debut, ohne dabei allerdings an Unvorhersehbarkeit und Intensität zu verlieren.

Mir standen der redselige, fröhliche Sänger Katla und der typisch finnisch-schweigsame Gitarrist Somnium (u.a. auch aktiv bei Barathrum) Rede und Antwort. „1996 begannen Somnium und ich zunächst alleine,“ beginnt Katla mit einer kurzen Einführung in die Bandgeschichte FINNTROLLs. „Wir nahmen unser erstes, furchtbar schlecht klingendes Demo “Rivfader“ auf, welches uns aus mir heute immer noch unerklärlichen Gründen den Deal mit Spikefarm einbrachte. Mit B. Dominator von Barathrum und Rapture hinterm Schlagzeug, Trollhorn von Moonsorrow an den Keyboards, Tundra am Baß und Örmy an der zweiten Gitarre komplettierten wir unser Line-Up und nahmen schließlich “Midnattens Widunder“ auf. Es folgten zahlreiche Gigs und unser neues Album “Jaktens Tid“, welches im April 2001 veröffentlicht wird.“ – Und wie bereits erwähnt meiner Meinung nach wesentlich ausgereifter, ernsthafter und tiefgründiger klingt als “Midnattens Widunder“. Neben den bekannten Humppa-Elementen wurden weitere Themen traditioneller Folklore integriert, die mit den symphonischen, fast schon orchestralen Klangteppichen zu einer dichten Melange abgedrehter Klangkunst verschmolzen werden. „Wir sind höchst zufrieden mit “Jaktens Tid“,“ setzt Somnium zu einem ‚Redeschwall‘ an, der nach diesen Worten bereits sein jähes Ende findet. Katla übernimmt: „Unser neues Album ist abwechslungsreicher als alles, was wir bisher aufgenommen haben. Weitere Errungenschaften sind die hinzugewonnene Heaviness, die von dir erwähnten folkloristischen Elemente und die längere Spielzeit. Außerdem finde ich, daß “Jaktens Tid“ nicht mehr so schwarzmetallisch klingt wie sein Vorgänger.“ Dem kann ich mich nur anschließen, so empfinde ich doch gerade den Gesang als wesentlich aggressiver und todesmetallischer als auf dem Debut. „Das war meine Absicht. Im Nachhinein waren mir die Vocals auf “Midnattens Widunder“ zu harmlos,“ stimmt Katla zu. „Ich wollte harschere, brutalere und rauhere Growls auf “Jaktens Tid“ verwenden, sie verleihen dem Album eine unglaublich kraftvolle Note.“ - Die natürlich auch von den Metal-Elementen in FINNTROLLs Musik transportiert wird, die, nur ganz am Rande angemerkt, trotz aller Vielschichtigkeit nie an Durchschlagskraft verlieren. „Das ist kein Wunder,“ schaltet sich Somnium ein, „entsteht ein FINNTROLL-Song doch normalerweise wie die meisten Songs anderer Metal-Combos auch. Das heißt, daß ich zunächst mit einem Riff oder einer Melodie beginne. Dann warte ich, bis Katla mir seine ersten Ideen für die Lyrics präsentiert und wir schließlich gemeinsam an der Atmosphäre der Songs arbeiten können.“ „“Jaktens Tid“ unterscheidet sich, auf den Schaffensprozeß bezogen, ganz erheblich von “Midnattens Widunder“, übernimmt Katla wieder. „Diesmal haben wir alle gemeinsam an den neuen Songs gearbeitet, wohingegen unser Debut vorwiegend auf meinem und Somniums Mist gewachsen ist. Somnium hat außerdem seine Art, Songs zu komponieren geändert. Wie er eben erwähnt hat, entstanden die neuen Songs alle auf der Gitarre. “Midnattens Widunder“ basiert hingegen auf Keyboard-Melodien.“ Da wäre es doch interessant zu erfahren, ob die Kämpfe, die es zwischen Somnium und Katla während der Aufnahme-Sessions zu “Midnattens Widunder“ gab, nun konsequenterweise auch auf das gesamte Bandgefüge ausgeweitet wurden?! „Gestern hatten wir zwar einen kleinen Kampf mit unserem zweiten Gitarristen Örmy, aber ansonsten haben wir das Kämpfen weitestgehend eingestellt. Ich denke, daß wir durch die vielen Gigs eine richtige Einheit geworden sind. Ich würde FINNTROLL zwar nicht als meine Familie bezeichnen, da ich die anderen Typen dazu immer noch zu sehr hasse, aber wir kommen klar.“ Somnium: „Wir nerven uns gegenseitig nicht mehr so stark wie früher. Die Aufnahmen waren eine wirklich gute Zeit für uns; wir hatten viel Spaß und natürlich auch eine ganze Menge Bier.“ „Welches bei den letzten Aufnahmen eigentlich unser Problem war,“ wirft Katla ein. „Diesmal haben wir es allerdings geschafft, das Trinken auf die Zeit nach den Aufnahmen zu verschieben und konnten die Studiozeit somit wirklich effektiv nutzen.“ Katla räumt zwar ein, daß der Alkohol einen großen Einfluß auf “Midnattens Widunder“ hatte, spricht “Jaktens Tid“ allerdings weitestgehend davon frei, was auch daran liegen könnte, daß die Erwartungen seitens Spikefarm nach den euphorischen Reaktionen auf das Debut sicherlich recht groß waren. „Ja, da hast du Recht. Wir haben schon gemerkt, wieviel Spikefarm an “Jaktens Tid“ liegt und uns vielleicht auch deshalb ein wenig zusammengerissen. Allerdings haben wir auch festgestellt, daß FINNTROLL eine Band ist, die ganz besonders gut unter Druck arbeiten kann. So sind in den letzten drei Wochen vor dem Studiotermin die besten Momente von “Jaktens Tid“ entstanden.“ Schlägt sich die schon angesprochene Intensivierung orchestraler und symphonischer Elemente denn auch im persönlichen Geschmack der einzelnen Band-Mitglieder nieder? „Ich persönlich höre neben Metal auch sehr gerne Ambient und Seventies Rock,“ umreißt Katla seinen Musikgeschmack. „Die von dir erwähnten orchestralen Parts gehen auf unseren Keyboarder Trollhorn zurück. Er hat eine klassische Ausbildung genossen und ist ein großer Fan klassischer Musik.“ Stand auf “Midnattens Widunder“ noch die Beschäftigung mit Trollen und das Erwachen des großen Trollmeisters, welche von FINNTROLL entgegen meinen Vorstellungen als sehr gewalttätige Wesen beschrieben werden, im Vordergrund, so hat die Band ihre Intention nun ein wenig verschoben. „Textlich beschäftigen wir uns auf “Jaktens Tid“ vorwiegend mit Essen, Trinken und Krieg,“ erklärt Katla schmunzelnd die lyrischen Hintergründe des neuen Albums. „Diesmal gibt es allerdings kein allumfassendes Konzept. Der Titel “Jaktens Tid“ greift das Konzept von “Midnattens Widunder“ lediglich in dem Sinne auf, als das hinter ihm so etwas wie eine apokalyptische Vision steht, deren Grundlage die Zerstörung der menschlichen Zivilisation durch eine Horde von Trollen ist. Alle Beschreibungen auf dem neuen Album sind um ein Vielfaches brutaler als auf “Midnattens Widunder“. Leider habe ich noch nie einen Troll getroffen und stütze mich bei allen Beschreibungen, auf “Jaktens Tid“ wie auch auf “Midnattens Widunder“, auf meine Phantasie. Ein schwedischer Zeichner, dessen Namen ich leider vergessen habe, hat allerdings wirklich phantastische Bilder von Trollen gemalt. Er illustriert Fantasy-Romane, und wenn es Trolle gibt, dann sehen sie genauso ‚angepißt‘ aus, wie er sie dargestellt hat – oder wie wir auf unseren Bandphotos zu “Midnattens Widunder“.“ Obwohl der Folk-Anteil in den Songs der Band eindeutig zugenommen hat, würde Katla Folk-Musik jedoch nicht als direkten Einfluß auf die Musik FINNTROLLs bezeichnen. „Auf “Jaktens Tid“ befindet sich sogar eine ziemlich funkige Coverversion der schwedischen Folk-Combo Hedningarna, welche wir wirklich bewundern. Allerdings hat ihre Musik keinen direkten Einfluß auf uns. Wir mögen es, Folk-Musik zum Trinken und Feiern zu hören, mehr aber auch nicht.“ Weiterhin verfaßt Katla seine Texte in schwedischer Sprache, was für eine finnische Band doch recht ungewöhnlich ist. „Meine Texte basieren, sofern sie nicht vom Trinken und Essen handeln, auf skandinavischen Sagen und Mythen, welche nicht selten aus Schweden stammen. Außerdem ist Schwedisch meine Muttersprache, was das Texten für mich natürlich unglaublich erleichtert. In meinen Ohren würden Englisch und Finnisch allerdings auch nicht so gut klingen wie Schwedisch und für uns ist die Atmosphäre eines FINNTROLL-Songs nun mal das Wichtigste.“ Auch der Bandname stammt angeblich aus einer skandinavischen Sage. „Den Namen habe ich aus einer alten nordischen Sage. Leider habe ich diese im Zustand geistiger Umnachtung (Ja, ja, der Alkohol...! – Anm. d. Verf.) gelesen, so daß ich nicht mal mehr weiß, wie sie heißt, geschweige denn, wo ich sie finden kann. Die Sage handelt, soweit ich mich entsinnen kann, von eben jenem finnischen Troll.“ Welcher auch das Cover von “Midnattens Widunder“ ziert. „Für “Jaktens Tid“ werden wir hingegen eine Zeichnung verwenden, an welcher ich und unser zweiter Gitarrist zur Zeit arbeiten. Diesmal haben wir das Design ganz alleine erdacht, deshalb wird es auch im Inlay nur Zeichnungen und keine Photos geben. Selbst das Bandphoto ähnelt einer Zeichnung.“ Laut Katla gibt es drei Möglichkeiten, FINNTROLLs Musik zu hören, von welchen er ganz eindeutig die Live-Situation favorisieren würde. „Wenn du uns auf der Bühne siehst, bekommst du den besten Eindruck von unserer Musik, da du dadurch die Möglichkeit hast, uns abgehen zu sehen und somit die wahre Intention unser Musik verstehen kannst. Die zweite Variante, FINNTROLL zu hören ist, sich vorher mit Freunden einige Biere einzuverleiben und dann unsere Platte aufzulegen, was ebenfalls ein guter Weg ist. Die dritte Möglichkeit besteht darin, sich hinzusetzen und unsere Alben wirklich aufmerksam zu hören. Du empfindest so zwar nicht den Irrsinn, bekommst allerdings all unsere verschachtelten Melodiekonstruktionen mit.“ Eben diese Live-Situation blieb bisher leider nur wenigen Leuten vorbehalten. Zwar spielten die Finnen auf dem Party.San Open Air in Bad Berka, die geplante Tour mit Throes Of Dawn fand jedoch leider nie statt. „Ich habe jegliche Erinnerungen daran aus meinem Gedächtnis getrunken, aber Somnium kann dir sicherlich weiterhelfen,“ schiebt Katla die Beantwortung der Frage auf den schweigsamen Gitarristen. „Wir haben uns mit Throes Of Dawn schon einige Locations ausgeguckt, welche wir auf einer Tour angesteuert hätten. Eine Tour, so wie wir sie durchführen wollten, war jedoch leider nicht realisierbar, da wir wahrscheinlich am Ende hätten draufzahlen müssen. Hoffentlich klappt es nach “Jaktens Tid“.“ Wie hat sich der sicherlich neugierig gewordene Leser denn eine FINNTROLL-Show vorzustellen? „Wir geben alles auf der Bühne! Du könntest unsere Shows wohl am Besten als eine Melange aus Irrsinn, Wildheit, Aggression und abgedrehter Partystimmung beschreiben. An dieser Stelle möchte ich gerne die Crew des Party.San Open Airs grüßen! Wir hatten eine tolle Zeit und kommen im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder!“ Für die Zukunft stellen Katla und Somnium in Aussicht, daß sich FINNTROLL sicherlich immer weiterentwickeln werden und daß sie sich ihre ungestüme Wildheit und Unvorhersehbarkeit bewahren werden, stellen diese doch die Grundpfeiler des FINNTROLLschen Schaffens dar. „Wir wissen nicht, in welche Richtung sich FINNTROLL entwickeln werden. Alles ist möglich! Wer weiß, vielleicht wird der Nachfolger von “Jaktens Tid“ ja ein Rap-Album. Hauptsache, wir bewahren uns die Aggression in unserem Sound. Außerdem streben wir natürlich die totale Weltherrschaft an!”